Stiftungssymposien

Regelmäßig richtet die stiftung medico international in Frankfurt am Main ein Symposium aus, auf dem globale gesellschaftspolitische Entwicklungen, Bedingungen emanzipatorischen Handelns und angemessene Formen der Hilfe kritisch reflektiert werden. Die Stiftung sieht sich als gesellschaftspolitischen Akteur und schafft mit ihren Symposien Raum für öffentliche Debatten.

Visionen einer anderen Globalität

Gegen die Alternativlosigkeit. Das Symposium zum 20jährigen Jubiläum der medico-Stiftung

27. September 2024
Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem Youtube-Kanal

Ein Überblick über die Symposien in den vergangenen Jahren.


Symposium 2019: Demokratie in der Krise

Raus aus den Verstecken

Das Symposium „Demokratie in der Krise“ fragte nach den Hindernissen und Wegen, das politische Denken zu erneuern.


Symposium 2017: Weltoffene Städte

Räume einer anderen Globalisierung.

Symposium der Stiftung medico international am 8. und 9. Juni 2017 in Frankfurt am Main

"Wir sind auf dem Weg in Europa, unsere Werte zynisch auf der Lippe zu tragen und genau zu wissen, sie werden nicht beachtet. Die Politik auf dem Mittelmeer ist Zynismus, und sonst gar nichts." Vor dieser Einsicht plädierte die Politikerin und Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Gesine Schwan in ihrem Eröffnungsvortrag für Orte gelebter Solidarität.

Anderthalb Tage lang drehte sich im Haus am Dom in Frankfurt am Main fast alles um Möglichkeiten und Grenzen ebensolcher Orte. Diskutiert wurde mit den über 300 teils von weither angereisten Teilnehmern und Teilnehmerinnen über ganz unterschiedliche Konzepte und Fragestellungen: über "Sanctuary Cities" und "Solidarity Cities", über "Städte der Zuflucht" und "Städte der Vielfalt".


Symposium 2016: Eine neue Reformation

Vom Kampf um eine Einwanderungs- und Postwachstumsgesellschaft in Europa. Dokumentation und Fortführung der Debatte.

„Wollen wir die Welt wirklich verändern, dann müssen wir uns nicht nur dem Angstdiskurs der politischen Rechten, sondern auch dem der Linken entziehen.“ Mit dieser Forderung benannte der österreichische Journalist und Schriftsteller Robert Misik die Herausforderung, auf die das diesjährige Symposium der stiftung medico international am 10. Juni 2016 erste Antworten suchte.

Schüre der Angstdiskurs der Rechten absichtsvoll die Gewaltbereitschaft des dumpfen Ressentiments, so Misik, vertiefe der Angstdiskurs der Linken die weit verbreiteten Gefühle der Ohnmacht. Wer sich ohnmächtig fühle, werde sich kaum auf das im Titel des Symposiums aufgerufene Wagnis einlassen, Europa als Handlungsfeld einer möglichen anderen Welt zu verstehen.


Fit für die Katastrophe?

Das Symposium 2015 setzte sich kritisch mit Resilienz auseinander und entwickelte Vorschläge für andere Konzepte.

Mathias Horx, seines Zeichens selbsternannter Trendforscher, ist immer für einen windschnittigen, gutgelaunten Spruch gut, der offenbart und vertuscht zugleich. Zum Thema des diesjährigen medico-Stiftungssymposiums über den Resilienzdiskurs in Politik und Hilfe, das Anfang Juni in Frankfurt am Main stattfand, verkündet er: „Resilienz wird in den nächsten Jahren den schönen Begriff der Nachhaltigkeit ablösen.“ Unverhohlen zweckoptimistisch folgt noch der Trost: „Lebendige, evolutionäre Systeme bewegen sich immer an der Grenzlinie des Chaos.“ Keiner kann so gut Unrecht, Ausgrenzung und daraus folgendes Leid dem Chaos in die Schuhe zuschieben.

Das Stiftungssymposium und die Vorabendveranstaltung zur Krise der Demokratie, die gemeinsam mit der katholischen Akademie Rabanus Maurus stattfand, versuchten sich hingegen noch mit der Analyse der Ursachen eines krisenhaftes Geschehens, das doch ein Grundprinzip hat: Wer ausgeschlossen ist, rutscht noch tiefer in den Ausschluss. Alle Zahlen über die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, im globalen Norden wie im Süden, belegen das.


Beyond Aid

Die Welt leidet nicht an zu wenig Hilfe, sondern an Verhältnissen, die immer mehr Hilfe notwendig machen.

Die Zweite Frankfurter Hilfe-Konferenz widmete sich der Frage, welche Formen der Solidarität, der Kooperation und der Unterstützung in einer globalisierten Welt nachhaltige Veränderungen bewirken können. Wie lässt sich verhindern, dass die Idee globaler Verantwortung zur Legitimation machtpolitisch motivierter Interventionen verkommt? Was ist erforderlich, um die Universalität der Menschenrechte nicht einfach nur zu konstatieren, sondern für alle zu verwirklichen? Wie müssen die Praxis und die Institutionen der Hilfe verändert werden? Erfordert all das einen Paradigmenwechsel?


Chile im Wandel?

Am 11. September 2013 jährte sich zum vierzigsten Mal der Militärputsch in Chile. Unter Führung von General Pinochet wurde die Regierung unter Salvador Allende gestürzt.

Die Diktatur Pinochets gibt es nicht mehr. Das Diktat des neoliberalen Modells aber hat nach wie vor Verfassungsrang. Die Privatisierung der einst öffentlichen Daseinsvorsorge u.a. im Bildungs- und Gesundheitssektor spaltet die Gesellschaft und ist Gegenstand von heftigen Auseinandersetzungen. Nach Jahren des politischen Stillstands haben sich neue soziale Bewegungen entwickelt.

Gibt es eine gemeinsame Basis für diese neuen demokratischen und sozialen Bewegungen und wie nachhaltig sind sie? Welche Spuren haben die schweren Menschenrechtsverletzungen der Diktatur bis heute in Politik, Gesellschaft und Individuen hinterlassen? Welche allgemeinen Lehren lassen sich aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte im Modelland des Neoliberalismus ziehen?


Ursachen psychischen Leids und emanzipatorisches Handeln

Dokumentation des Symposiums der Stiftung medico international (Frankfurt, 11.5.2012)

Zu den kaum thematisierten Begleiterscheinungen der ökonomischen Globalisierung gehört die Zunahme von psychischen Erkrankungen. Depression, so belegen es Studien der WHO, hat sich zu einer führenden Weltkrankheit ausgebreitet, die längst auch Afrika, Asien und Lateinamerika erfasst hat. Es scheint, als ob die Deregulierung der politischen und ökonomischen Verhältnisse auch zur Deregulierung dessen geführt hat, was die „psychische Repräsentanz“ der Verhältnisse im Inneren der Menschen genannt wird.

Diesen gesellschaftlichen Ursachen des heutigen seelischen Leidens ging das Symposium in seinen globalen Dimensionen mit einer kritischen Bestandsaufnahme nach und erörterte die Folgen für eine emanzipatorische Arbeit, wie medico sie zu leisten sucht. Dazu gehört auch die Beschäftigung mit der Frage nach der Pathologisierung sozialer Missstände. Zugleich gilt es über angemessene Formen psychosozialer Unterstützung nachzudenken.

Das Symposium ging deshalb der Frage nach, wie Menschen in diesen Verhältnissen Anerkennung, Ermächtigung und Würde zurückgewinnen können.


Rückeroberungen des öffentlichen Raums?

Tunis, Kairo, Rom, Stuttgart – der Souverän meldet sich zu Wort

Auch in diesem Jahr lud die stiftung medico zum Symposium in den Frankfurter Saalbau Gutleut. Nicht der letzte Grund dafür waren die Ereignisse auf dem Kairoer Tahrir-Platz und in anderen arabischen Metropolen, in denen Bürgerinnen und Bürger sich den öffentlichen Raum auch handgreiflich zurückerobert haben.

Zur Renaissance von Öffentlichkeit kommt es aber nicht nur im Widerstand gegen autoritäre Regime. Sie wird vielmehr überall dort zum dringlichsten politischen Problem, wo der BürgerInnenwille wie das Gemeinwesen missachtet werden. Deshalb ist auch in Stuttgart auf Transparenten zu lesen: "Ihr werdet uns nicht mehr los, wir Euch schon." Dabei gehören der BürgerInnenwille der einzelnen wie das Gemeinwohl aller auch und gerade deshalb untrennbar zusammen, weil ihr Zusammenhang ein in sich problematischer ist.

Vor diesem Hintergrund diskutierte das medico-Stiftungssymposium den Charakter politischer Öffentlichkeiten und demokratischer Teilhabe, die Möglichkeiten der Herausbildung transnationaler Öffentlichkeiten, die Erfahrungen transnationaler Netzwerke und Kampagnen und die unverzichtbare Bedeutung praktischer Gegenentwürfe in der Kritik des endlich brüchig werdenden anti-utopischen Konsenses der letzten Jahrzehnte.
Die ganze Veranstaltung zum Nachhören finden Sie auf unserer Doku-Seite:


Welche Hilfe für wessen Sicherheit?

Eine Diskussion über interventionistische Formen der Krisenbewältigung an drei Beispielen: Afghanistan, Sri Lanka, Haiti

2003 zog medico international auf einer Konferenz in Frankfurt eine erste Bilanz der "Macht und Ohnmacht der Hilfe". Die Krisen der Globalisierung waren damals schon sichtbar. Und deutlich war auch, dass Entwicklungsbemühungen mehr und mehr in den Sog globaler Sicherheitspolitik geraten würden. Wie unter solchen Umständen der Raum für selbstbestimmte Veränderungen, für "Inseln der Vernunft" zu verteidigen sei, das beschäftigte uns damals …

… und nun erneut. Mit Blick auf die skandalösen Verhältnisse im heutigen Sri Lanka, vor dem Ende der „zivilmilitärischen Kooperation“ in Afghanistan und unter dem Eindruck von Soldaten als Katastrophenhelfern in Haiti fragte das Stiftungssymposium noch einmal nach den Chancen eigenständiger Alternativen zu den immer klarer zu Tage tretenden Formen von außen aufgesetzter „internationaler Zwangsverwaltung“. Bleiben noch Zeichen paradoxer Hoffnung?


Solidarität in der Krise

Annäherungen.
Der Erinnerung Frantz Fanons.

Im Fortschritt der Globalisierung wird die Welt erstmals in der Geschichte wirklich zu einer Welt. Nicht verschwunden sind die empörenden Unterschiede in der einen Welt. Immer größer, immer weniger auch nur zu fassen wird die Zahl der, die noch immer „die Verdammten dieser Welt“ genannt werden müssen. Vor Jahrzehnten schon verwies Frantz Fanon auf die Schwierigkeit, mit „denen da“ solidarisch sein zu wollen, bestand darauf, dass auch dieses Verhältnis ein Gewaltverhältnis sei und sein müsse.

Umso mehr, umso bedrängender, wenn dieses Verhältnis wirklich in einer einzigen Welt statt hat. Auch deshalb, weil die, um die es da geht, hier her wollen und hier her kommen, ungefragt. Wenn an den Grenzen, die es immer noch gibt, Jahr für Jahr Tausende derer sterben, die man noch immer „Flüchtlinge“ nennt. Das Symposium geht der Frage nach, was hier Solidarität heißt und heißen kann, in erster Annäherung.